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Bericht Tour of Hellas (UCI 2.2; 5.4.-9.4.06)

 

 

 

 

 

Die Griechenlandreise beginnt mit einem planmäßigen Halt Aichach. Hier starte ich bei einem 105 km langen Rundstreckenrennen, weil diese Lokalität günstigerweise auf dem Weg der weiteren Reiseroute liegt. Nach 5 Stunden Autofahrt langt es für einen 34. Platz. Dieser ist natürlich nicht als miserabel einzustufen, aber insgeheim hatte ich mir schon ein besseres Abschneiden erhofft. Erwähnenswerte Randnotiz des Rennens bleibt, dass die Milram-Jungs aus dem Kontinentalteam derzeit nur mit einem Trikot und einer Hose ausgestattet sind. Ein Sportler aus dieser Truppe hatte sich während des Rennens kurz mit meinem Griechenland-Kollegen Thomas unterhalten. Zusammen mit ihm mache ich mich im Anschluss von Aichach auf den Weg nach Niederbayern, wo der Treffpunkt unseres Teams ist. Schnell waren die Klamotten im Bus verstaut und nach 16 Stunden Fahrt treffen wir planmäßig in dem mir noch von vor zwei Wochen bekannten Montenegro ein, wo wir die beiden Schweizer unseres Teams abholen. Diese Gelegenheit verknüpfen wir natürlich mit einer kurzen Trainingseinheit, die wir bei strahlendem Sonnenschein absolvieren. Anschließend geht die Reise unserer nun vervollständigten Mannschaft weiter. Dies sind im Einzelnen neben dem schon vorhin erwähnten Thomas, Philipp, Florian, Janusch und Laurent sowie meiner Wenigkeit. Die sportliche Betreuung übernehmen Benno jun. und Benno sen.

Die weitere Reise führt uns von Montenegro über Albanien und Mazedonien nach Griechenland. Die Erlebnisse dieser Wegstrecke kann man durchaus als Bewusstseinserweiterung einstufen. Schon der Grenzübertritt nach Albanien wird erst mit dem Durchfahren einer „Desinfektionsflüssigkeit“ möglich. Obligatorisch ist das Zahlen mehrerer Euros für diese Reinheitskur. Auch sonst kann man sagen, dass durch die Übergabe diverser Begrüßungsgelder an die Grenzbeamten die zeitliche Länge des Aufenthaltes verkürzt wird.

Nach vielen Kilometern Landstraße, wo wir diverse Eselskarren überholen, kommen wir nach Tirana. Das Erscheinungsbild dieser Stadt kann man durchaus zweigeteilt sehen: neben unansehnlicheren Vierteln gibt es aber auch Prachtbauten. Die Straßen sind bis auf wenige Ausnahmen fast durchgehend schlecht. Manchmal ist selbst Schrittgeschwindigkeit zu schnell.

Allseits präsent ist in dieser Stadt auch während der Nachtstunden die Polizei. Die Ausrüstung von dieser ist ganz und gar nicht schlecht: Für geländegängige Einsatzwagen (Hummer; der Wagen, den auch Arnold Schwarzenegger sein Eigen nennt) und Radarpistolen ist Geld vorhanden.

Nach diesen Eindrücken verschlafe ich die Durchfahrt von Mazedonien fast gänzlich. Ich wache erst wieder auf, als wir bei der Einreise nach Griechenland unplanmäßig an der Grenze verweilen: ein in unserer Gruppe reisender weltweit erfolgreicher Tandemsportler hat offensichtlich Probleme mit seinem Reisepass. Nach langen Hin und Her lösen wir die Angelegenheit auf unsere Weise. Wir erwecken den Anschein, das Sorgenkind an der Grenze zurückzulassen, und fahren ohne ihn los. Nach mehreren hundert Metern halten wir aber auf einem Hinterhof und warten bis uns der Zurückgelassene per pedes wieder einholt, nachdem er sich unauffällig vom Grenzwärter verdrückte. Wenig später geraten wir dann natürlich in eine Polizeikontrolle. Als ich mich wieder auf einen längeren Aufenthalt einstelle, bin ich überrascht, dass dieser Stopp nur von kurzer Dauer ist.

Die weitere Reise zu unserem Zielort Volos verläuft ohne besondere Vorkommnisse. Wir haben sogar abends noch Zeit kurz vor Eintritt der Dämmerung in Griechenlands drittgrößter Stadt 60 min auf dem Rad zu trainieren.

Das Hotel, in dem wir nächtigen, liegt an einer vielbefahrenen Hauptstrasse. Dementsprechend laut ist auch der Geräuschpegel. Irgendwann fallen aber auch mir die Augen zu. Das Zimmer teile ich mir während der kommenden Tage mit Thomas, der grauen Eminenz des bayrischen Radsports, und Philipp, der erst vor 2 Wochen den Frühjahrsklassiker Köln Schuld Frechen gewonnen hatte.

Die Startzeremonien finden am Morgen bei bestem Wetter und guter Musik, die aus den Boxen dröhnt, statt. Die erste Etappe kommt uns Fernreisenden aufgrund fehlender Berge entgegen. Auf einer leichten Windkante haben Bergflöhe aber schon Probleme. Daher bin ich im Begriff vorzufahren. Leider streckt es mich bei dieser Aktion auf den Asphalt. Ein Polizeimotorrad der Streckensicherung ragte aus einer Einfahrt heraus. Irgendwo im Feld hat es jemand touchiert und kommt zu Fall. Folglich stürzen knapp 20 Fahrer, zu denen auch ich gehöre. Zum Glück waren bis zum Ziel lediglich nur noch 12 km zurückzulegen. Hier suche ich gleich den Doc auf, der reichlich Indianerfarbe aufträgt.

Zu allem Überfluss reiße ich mir am nächsten Tag auch die andere Seite auf. Dieses Mal trage ich aber selber die Schuld dafür. Auf einer Abfahrt war schlicht die Geschwindigkeit bei einer Kurvenfahrt unangepasst gewesen. Mein Vorderrad rutscht auf der staubigen Straße weg. Der Doc im Ziel kennt mich auch noch von gestern.

Die renntechnischen Strapazen waren heute auch nicht ohne: 3 Berge und ständiger Gegenwind sowohl bergauf als auch bergab waren sehr zermürbend. Die größte Gruppe ist heute das Grupetto. Ich komme irgendwo zwischen Spitze und Schluss im Mittelfeld ins Ziel.

Um weiteren Stürzen aus dem Wege zu gehen, fahre ich auf den beiden folgenden Flachetappen konsequent an letzter Position im Feld. Als Schwierigkeiten stehen lediglich Windkanten an. Ganz unangenehm ist es, wenn der Wind von rechts weht. Dann bildet sich die Staffel mit der langen Fahrerschlange im Gegenverkehr aus. Zwar ruht der Verkehr hier, aber es stehen immer mal PKW’s oder LKW’s im Wege, die umkurvt werden müssen. Dies geschieht meist mit minimalen Abständen, um dem nachfolgenden Fahrer (und Gegner) möglichst keinem Windschatten zu gewähren. Bei einer solchen Aktion fährt der Zweite der Gesamtwertung in den neben der Straße befindlichen Acker. Er wird erst wieder nach einer Richtungsänderung im Feld gesichtet, als die Kante überstanden war. Mein Zimmerkollege Thomas, der aufgrund seiner Statur und seines Könnens einen guten Platz in der Staffel verteidigen konnte, berichtet nach dem Rennen, dass dieser absichtlich abgedrängt worden ist.

Erwähnenswert ist die Alleinfahrt eines Bulgaren, der mindestens 70 km lang vor dem Feld fährt und knapp 1 Minute Vorsprung ins Ziel rettet, das im historischen Olympia liegt.

Am Nachmittag schauen wir uns die historischen Stätten etwas näher in der Funktion als Touristen an. Mit viel Fantasie sind im Stadion Sitzplätze, Kassenhäuschen und Anzeigetafel der damals sehr fortschrittlichen Griechen zu erkennen. Im Internetcafe des Ortes kann man anschließend dann auch mal wieder Kontakt zur Außenwelt aufnehmen. Die scheinen in diesem Land nicht sehr verbreitet, vielleicht sind sie uns wieder einen Schritt voraus und sind schon auf neuartigere Kommunikationsmittel umgestiegen!?!

Die letzte Etappe wird dann am nächsten Morgen bei einstelligen Temperaturen gestartet. Heute wird es wieder anspruchsvoller, da drei Bergwertungen anstehen. Ich bin heute nicht in der Lage ans Limit zu gehen. Der Diplom-Trainer Thomas erklärt mir auf der langen Rückfahrt nach Deutschland, dass als Ursache ein neuronaler Erschöpfungszustand der Muskulatur in Betracht kommt. Jedenfalls komme ich wieder zwischen Spitze und Grupetto ins Ziel, wo ich letztendlich den 59. Rang der Gesamtwertung einnehme.

Anschließend an das Rennen essen wir noch schnell zu Mittag, um uns dann auf die Heimreise begeben. Den Tandemsportler, der ja nur noch seinen Personalausweis besitzt, und andere Flugwillige geben wir noch schnell am Aeropuerto ab, bevor wir die Autobahn Richtung Deutschland ansteuern, wo wir rund 30 Stunden später mit Schneeregen empfangen werden.