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Tour de la Pharmacie
Centrale de Tunesie (UCI 2.2; 28.4.-5.5.2007)
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25.4.
Anreise: Frankfurt - Monastir
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Das
erste T-Shirt habe ich auf der Anreise zum Frankfurter Flughafen
durchgeschwitzt: Afrikanische Temperaturen in Deutschland... Nach
der Gepäckaufgabe treffe ich mich mit Andreas, der sich mit mir
Richtung Tunesien aufmacht. In dem Urlaubsflieger gibt es lange
Gesichter, als wir auf der nassen Rollbahn von Monastir
aufschlagen. Die Temperaturen sind durchaus als 'frisch' zu
bezeichnen. Bodo liest uns in Begleitung seines Onkels auf.
Endstation ist unser Zwischenquartier in Jemmal, wo sich schon der
größte Teil von Nordland-Hamburg versammelt hat: Neben Bodo sind
das die Renner Olli und Philip sowie das Betreuerpärchen Brigitte
und Hermann.
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26.4.
Jemmal: Akklimatisation
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Der
Regen hat sich im Laufe der Nacht eingestellt, so dass die
Radfahrer unter uns am späten Vormittag zu einer Ausfahrt
aufbrechen. Das Hauptaugenmerk dieser Einheit besteht vornehmlich
in der Ausrichtung meiner Schuhplatten. Erst kurz vor Beginn
dieser Reise habe ich mich mit einem spottbilligen Paar Radschuhen
ausgerüstet, nachdem mir zuvor ein nicht unwichtiger Teil der
Ausrüstung abhanden gekommen war. Die folgende Mittagspause ist
nicht unverdient, wobei diese aber auch nicht zu lange ausfällt,
da der Wochenmarkt des Örtchens nach einem Besuch verlangt. Als
sich genug Blut in den Beinen angesammelt hat, ist die Zeit für
den Heimweg gekommen. Kaum sind wir wieder in der Wohnung, stellt
Andreas fest, dass er seine Lizenz in Mönchengladbach vergessen
hat. Der Stimmung tut das keinen Abbruch, und unser Abendessen
nehmen wir bei neuerlich einsetzendem Regen ein.
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27.4.
Transfer: Jemmal - Tunis
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Zum
Glück ist der Transfer nach Tunis auf den Morgen verlegt worden,
da der Tag ähnlich nass beginnt, wie der gestrige endete. Das im
Bus zur Verfügung stehende Volumen muss gänzlich genutzt werden,
und so geht es leicht beengt auf den Weg. Die Feuchte der Luft
nimmt mit zunehmend zurückgelegter Strecke ab, so dass es uns
nachmittags sogar möglich ist, bei Sonnenschein ein paar Meter
auf dem Rad zu kullern. In der Zwischenzeit treffen auf
elektronischem Wege die nötigen Bestätigungen ein, die auch
Andreas einen Start ermöglichen. Dort werden wir morgen auf
Nationalmannschaften, Sportgruppen und Renngemeinschaften treffen.
Spät am Abend ergänzen Peter und Hammoud die Mannschaft bzw. den
Betreuerstab.
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28.4. 1. Etappe Tunis - Ain
Draham, 145 km
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Die
ersten 30 km sind neutralisiert. Dem reellen Start folgt schnell
kupiertes Gelände. Nach dem ersten Berg befinde ich mich unter
den Kapitänen, so wie ich es mir vorgestellt habe. Im weiteren
Verlauf erkenne ich mich aber nicht wieder: Irgendwo klemmt es,
und ich kann dem Tempo nicht mehr folgen. Andreas' Renntag ist
gegenläufig. Erst nachdem die entscheidenden Gruppen gegangen
sind, kommt er in Schwung. Die Gesamtwertung ist früh gegessen.
Ich rolle mit Philip und Olli zusammen gen Ziel. Bodo verfährt
sich und wird vom Rennen ausgeschlossen. In Ain Draham angekommen,
steht ein weiterer Transfer nach Tabarka an, der sich wiederum über
30 km erstreckt. Während dieser Fahrt muss ich die Ausrüstung
des Materialwagens in Anspruch nehmen, da ich wieder einmal auf
der Felge fahre, nachdem mich ein Kommissär von der Ideallinie
verdrängte. Im Hotel angekommen, bittet mein Körper erst nach
einer Mütze Schlaf zu Tisch: Kopfschmerzen und Schüttelfrost
sind jetzt aber verflogen. Heute waren es mehr als 200 km; morgen
steht eine weitere Bergetappe an: Das Aufladen der
Nahrungsspeicher macht also durchaus Sinn.
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29.4.
2. Etappe Tabarka - Le Kef, 125 km
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Wie
schon vor Jahresfrist findet der Etappenstart in Tabarka bei Regen
statt. Es dauert nicht sehr lange, bis es zu einer Selektion
kommt: Olli ist in einen Sturz involviert und muss das Rennen
wegen eines irreparablen Schadens aufgeben. Wann es genau zu
diesem Vorfall gekommen ist, kann ich nicht mehr darlegen, da ich
seit einigen Momenten zeitlos unterwegs bin. Während einer Brückenüberquerung
ist mir meine Uhr vom Lenker gefallen, und so werde ich für die
Zukunft die Neuanschaffung eines Modells aus der Uhrenkollektion
einer großen Kaufladenkette in Erwägung ziehen müssen.
Jedenfalls beginnt das Teilstück ähnlich gut wie gestern. Die Höchstschwierigkeit
ist gemeistert, und ich befinde mich zusammen mit Andreas, der in
Folge die Füße nicht still halten kann, in der Kopfgruppe. Zum
Etappenende geht es abermals hoch und runter, so dass sich die
Zahl der Fahrer in der Spitze zunehmend ausdünnt. Im Schlussspurt
am Berg wird Andreas 7., ich 8. Wir werden mit einer 'Boga',
Brause mit Zitronengeschmack, empfangen. Diese schmeckt gewöhnungsbedürftig,
im Laufe der nächsten Tage entwickelt sie sich aber zum Kultgetränk.
Nachmittags geht es bei strömenden Regen zum letzten Mal für längere
Zeit ins Internetcafe.
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30.4.
3. Etappe Le Kef - Kasserine, 135 km
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In
der morgendlichen Sonne rühmen sich gleich zwei Fahrer mit dem
Bergtrikot. Der Start erfolgt erst, nachdem einer von beiden in
den Statuten unterrichtet worden ist. Da ich im Gesamtklassement
nur mehr eine kleine Nummer bin, fahre ich mit offenem Visier und
sitze gleich nach der ersten Konterattacke in der entscheidenden
Gruppe. Von 10 Fahrern liegen 5 hinten drauf. Trotzdem wächst der
Vorsprung. Den heutigen Bergpreis sichere ich mir, und wir nehmen
zu dritt die Abfahrt ins Ziel in Angriff. Es fehlt nicht viel,
dass wir als Spitzengruppe unser Ende auf der Motorhaube eines
Youngtimers deutschen Fabrikats finden. Doch der uns auf dem
unbefestigten Seitenstreifen überholende Autofahrer steuert den
Wagen netterweise ins Gestrüpp aus. Dieser Vorfall lähmt uns
nicht; mittlerweile haben wir deutlich mehr als 5 min Vorsprung
vor dem Feld. Da es nur noch 25 km ins Ziel sind, ist das ein sehr
gutes Polster, wenn... Wenn nichts mehr dazwischen kommt! Der
italienische Sportsmann am Steuer des libyschen Materialwagens
braust an mir vorbei, ohne auch nur einen Gedanken daran zu
verschwenden, Ersatz für mein luftloses Hinterrad zu spendieren.
Als mehrfacher Tour- und Giro-Teilnehmer weiß er natürlich, dass
er der einzige Materialwagen hinter der Spitzengruppe ist, und er
weiß natürlich auch, dass sein Schützling durch meinen Ausfall
einen Schritt auf dem Podest weiter nach oben klettert. Der
Nordland-Hamburg-Renndienst durfte während des gesamten Rennens
nicht nach vorne fahren und hat dementsprechend auch zum Zeitpunkt
der Panne seinen Platz hinter dem Feld. Nachdem ich endlich Ersatz
bekommen habe, muss ich mir um die Renntaktik keinen Kopf mehr
machen. Es dauert außerdem nicht lange, bis die Luft wieder weg
ist. Der Motivation schadet es nicht mehr, die ist ohnehin auf dem
Tiefpunkt. Markus, mein Fluchtkollege, gewinnt die Etappe; Philip
wird sehr guter 7. Der im Tagesverlauf einsetzende Regen ist
bezeichnend. Er überrascht mich genauso wenig wie der Wolkenbruch
eines von der innertropischen Konvergenzzone belagerten
Landstriches.
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1.5.
4. Etappe Kasserine - Gafsa, 110 km
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Den
gestrigen Tag will ich heute offensiv verarbeiten. Die
Fluchtgruppe verpasse ich dennoch. Trotzdem versuche ich diverse
Male mein Glück. Irgendwann habe ich Andreas im Schlepptau, mit
dem ich jetzt im letzten Zug zur Kopfgruppe sitze. Kaum sind wir
vorne angekommen, reißt mir die Kette. Eine Kette, die maximal
4000 km auf dem Buckel hat und im Vergleich zu den Ketten der
Konkurrenz als flammneu durchgeht. Nicht nur in diesem Moment
stehen mir die Fragezeichen auf der Stirn... Die Gruppe ist
jedenfalls weg, das Feld fährt vorbei. Die zweite deutsche
Mannschaft, das Team notebooks, stellt mir freundlicherweise ihr
Ersatzrad zur Verfügung, sonst wäre mein Auftritt hier beendet
gewesen. Ich komme in den Genuss, einen Carbonrahmen mit neuer
SRAM-Schaltung auszutesten. Idealerweise radelt gerade in dem
Moment der Radübergabe Peter vorbei, der einen Inbusschlüssel
aus der Trikottasche zückt, mit dem ich die Sattelhöhe
einstelle. Für das Wechseln der Pedale bleibt allerdings keine
Zeit mehr, so dass mir die Kompatibilität von SPD- und
Time-System für die letzten 20 km ausreichen muss. Schwere Hufe
lassen sich wegen des unnatürlichen Bewegungsablaufes nicht
vermeiden. Später erfahre ich von Andreas 2. Platz, der ihm seine
ersten UCI-Punkte einbringt. Eine starke Leistung! Wir residieren
in einem prachtvollen Hotel mit vielen Sternen. Schade, dass
ausgerechnet hier das Essen streng portioniert wird. Dafür haben
wir Farbfernsehen mit deutschem Ton: Der Sieger des
Henninger-Turm-Rennens spricht von einer Woche Urlaub, die er
jetzt einlegt. Ob meiner Pleiten-Serie hege ich unterbewusst einen
ähnlichen Gedanken. Doch Bodo ist tatsächlich im Begriff, mir
die Kette seines Rades zu leihen...
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2.5.
5. Etappe Gafsa - Gabes, 145 km
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Da
es nunmehr auch um die Mannschaftswertung geht, kommt in jeder
Fluchtgruppe auf jeden Libyer genau ein notebooks-Fahrer. Das weiß auch
Philip, der diesmal vorne vertreten ist. Dadurch beschert er
seinen Mannschaftskollegen einen ruhigeren Tag. Zum Schluss wird
aber auch hinten Rennen gefahren, so dass es erforderlich ist, in
den Betriebsmodus zu schalten, auch wenn es nur noch um die Plätze
geht. Unser Mann hat derweil im finalen Spurt den sehr guten
zweiten Rang belegt, wobei er nur dem orangebekleideten Markus
unterliegt. Mit seinen UCI-Punkten wird sich der 'dicke Bergfloh'
Philip in den nächsten Wochen vermehrt dem Bergtraining widmen müssen.
Auch wenn spät abends das Gerücht umgeht, dass die morgige
Bergetappe um 50 km gekürzt wird. Offizielle Begründung: Straßenbaumaßnahmen.
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3.5.
6. Etappe Gabes - Matmata, 125 km
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Für
den heutigen Tag habe ich mir die Marschroute gesetzt, die Körner
nur in die Waagschale zu werfen, wenn es sich auch lohnt. Aus
diesem Grunde schere ich aus der Kante aus und fahre mit Philip
und einem Schweizer gemütlich ins Ziel. Peter fährt hingegen auf
interne Wertung, und so nimmt er uns Dreien 11 min ab. Aufgrund
dieses zweiten Ruhetags in Folge gibt es in Matmata nur eine 'Boga
light', die aber auch noch nach Zitrone schmeckt. Andreas rückt
durch seinen 8. Platz in der Gesamtwertung unter die ersten Zehn
vor.
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4.5. 7. Etappe Sfax - Sousse,
140 km
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Bevor
windige Kilometer anstehen, wird ein 150 km langer Transfer bewältigt.
Olli hätte diesen beinahe verpasst, aber zu seinem Glück musste
der Busfahrer vor seinem Aufbruch noch eine 180°-Wende einleiten.
In Sfax angekommen werden uns für zwei Stunden Aufenthalt
Hotelzimmer zugewiesen; Mittagessen gibt es natürlich auch. Zum
Rennen: Der Wind weht vornehmlich von vorne; nach erfolglosen
Unternehmungen meinerseits, sehe ich, wie Peter im Schlepptau
eines Libyers davon fährt. Seine Flucht endet 30 km vor dem
Zielstrich. Philip muss leider aufgeben; dieses Schicksal trifft
auch den stellvertretenden Träger des Wertungstrikots um den
besten Nachwuchsfahrer aus der zweiten deutschen Mannschaft.
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5.5. Etappe 8a Sousse -
Nabeul, 100 km
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Heute
Morgen gibt es die letzte Möglichkeit, ein passables Ergebnis
einzufahren. Leider fängt es leicht an zu regnen, was die Straßen
tückisch glatt macht. Das ändert nichts am Rennverlauf der
letzten Tage. Neben dem permanenten Kleinkrieg der Grün- mit den
Orangefarbenen, wird auch jedem Klassementfahrer nachgehetzt.
Daher setze ich auf einen Algerier, der in den letzten Tagen mehr
durch seinen Druck als durch seine Taktik aufgefallen ist.
Irgendwann schlägt die Nummer 91 tatsächlich Alarm, so dass ich
mich ihm anschließe. Unser Duett wird laufend ergänzt, bis wir 8
Mann stark sind, von denen immerhin 5 durch die Führung gehen.
Die Gruppe steht und wird gewährt. Als wir uns gemeinsam der 2
km-Marke nähern, will ich mich nicht auf eine gemeinsame Ankunft
einlassen und sorge für einen Rhythmuswechsel. Auch heute ist der
erste Fingerzeig nicht von Erfolg gekrönt. Der zweite soll es
aber sein, so dass es für mich nur noch um Bronze geht. Die drei
Zwicker spurten fröhlich mit, was mir letztendlich einen 6. Platz
beschert.
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5.5.
Etappe 8b Nabeul - Tunis, 70 km
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Nach
der morgendlichen Ausfahrt fühlen sich meine Beine ein wenig
verbraucht an. Daher bin ich froh, als das blaue Trikot des
Punktbesten die erste Gelegenheit dieser Champagnerfahrt nutzt,
seine Konkurrenz auf die Windkante zu nehmen, um vielleicht noch
selbst auf das Podium in der Gesamtwertung vorfahren zu können.
Damit sind seine beiden tunesischen Häuptlinge gar nicht
einverstanden, und die drei tauschen sich kurz abseits des Weges
aus. Meine Beine sind nun wenigstens wieder frei und gut
vorbereitet für die Eröffnung des Rennens, das traditionell an
der 20 km-Marke beginnt. Nicht viel später biegt das Feld auf
eine vierspurige Autobahn von Tunis ein, die sich durch einen
fehlenden Fahrbahnteiler auszeichnet. Es kommt natürlich so, dass
sich der Großteil des Renngeschehens im Gegenverkehr abspielt.
Den Gedanken, den Blinker auf die richtige Fahrbahnseite zu
stellen, verwerfe ich schnell, da es nicht minder gefährlich ist,
hinter der Materialwagenkolonne im Stadtverkehr unterzugehen.
Irgendwann biegen wir aber rechts ab, und der Zielstrich wird
unversehrt überfahren. Ganz im Gegenteil: Olli, seines Zeichens
Polizeikommissar d.R., sorgt hier selbstlos für einen ordnungsgemäßen
Fortlauf des Stadtlebens. Nach der Ankunft im Hotel wird schnell
Hab und Gut in Sicherheit gebracht, bevor diverse Festivitäten
anstehen, die den Tag beschließen.
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6.5.
Abreise: Tunis - Monastir - Frankfurt
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Der
Bustransfer Richtung Monastir verläuft wie geplant. Da Olli, sein
Flug geht erst übermorgen, den Radwanderweg nach Jemmal wählt,
haben die Insassen des Vehikels deutlich mehr Raum zur Verfügung
als auf dem Hinweg. Ein Platzproblem gibt es hingegen in
Frankfurt, wo der Pilot keinen Parkplatz für seinen Flieger
ausfindig machen kann und eine Ehrenrunde rollt. Vielleicht liegt
es an dem unerwarteten Besucheransturm, den das Ende der Schönwetterperiode
in Deutschland auslöst.
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